Psychotherapie

Coaching bei Entscheidungschwierigkeiten

Warum kann es manchmal so schwer sein eine Entscheidung zu treffen?

Sobald wir mehrere Wahlmöglichkeiten haben, fühlen wir uns schnell überfordert und geraten unter Stress. Oft ist der Ausgang unserer Entscheidung ungewiss, sie legt uns für mehrere Jahre fest, wir werden diesbezüglich von anderen bewertet oder kritisiert, es können Konflikte, z.B. mit nahen Angehörigen auftreten. Zudem sind Entscheidungen mit Verlusten verbunden, denn wenn ich zu der einen Sache „ja“ sage, dann muss ich auf eine andere verzichten. Dieser Verlust wirkt sich negativ auf unser Belohnungssystem aus und wir fühlen uns schlecht. Sich entscheiden, heißt aber auch Verantwortung zu übernehmen und vielleicht ist diese Entscheidung auch die erste Wirkliche in unserem Leben, für die wir auch die Konsequenzen zu tragen haben, somit geraten wir auch in eine Rechtfertigungsposition: „Warum man gerade diese Wahl getroffen hat und nicht eine andere?“. Darüber muss man sich dann klar werden und benötigt hierfür viele Informationen und Zeit, um genau auf diese Frage antworten zu können. Dazu kommt eventuell auch die Angst zu Versagen.

Was blockiert Menschen bei solchen Entscheidungen?

Haben wir mehr als sechs Optionen zur Auswahl, dann sind wir ziemlich schnell frustriert. Dies nennt man den „Too-much-choice“-Effekt, dann kann es sogar sein, dass wir auch noch unsere getroffene Entscheidung später negativ bewerten. Ähneln sich die Alternativen oder stehen wir unter Zeitdruck, dann wird es noch schlimmer. Dann kann unser Gehirn blockieren, das sogenannte „black-out-Syndrom“ tritt ein, die mögliche Folge: wir denken zu kurzfristig oder über- oder unterschätzen uns. Unser vegetatives Nervensystem schaltet in den Kampf- oder Fluchtmodus, der „Fight-or-flight-Reaktion“, was bedeutet, dass dann automatisch ablaufende Programme abgerufen werden, bewusstes Denken oder die Aufnahme neue Informationen ist in dieser Situation kaum möglich, wir orientieren uns in dem Moment eher an unserer Intuition, unserem Bauchgefühl, dass sich aus unseren langjährigen Erfahrungen und Erinnerungen gebildet hat.

Was kann man gegen diese Blockade tun?

Wichtig ist erst mal, dass wir den Druck aus der Entscheidung raus nehmen, einerseits durch den Gedanken, dass wir unsere Entscheidung später noch mal prüfen und verändern können und andererseits, dass wir uns viel Zeit nehmen, um die Entscheidung zu treffen. Haben wir viel Zeit, dann können wir im Entscheidungsfindungsprozess unsere Stärken und Schwächen einschätzen, Informationen einholen, Vor- und Nachteile abwägen und die langfristigen Folgen der Entscheidung berücksichtigen. Zuerst sollte geschaut werden, wie viel Zeit einem noch bleibt, um dann Ziele zu formulieren in Bezug auf den Entscheidungsfindungsprozess, diese schriftlich festzuhalten und die Zeiten festzulegen, bis wann diese Ziele umgesetzt werden sollten. Das Ganze wird dann ein Projekt, aber die Mühe lohnt sich. Bei der Zielformulierung ist einiges zu beachten, da es auch Formulierungen gibt, die unrealistisch sind oder uns demotivieren, bzw. dann auch unserem Selbstwertgefühl schaden könnten. Deshalb bietet sich hierfür ein Coaching an. Sollte man aber keine Zeit mehr haben, so gibt es noch andere Methoden, die man einsetzen kann, welche aber alle fehlerbehaftet sein könnten, da diese mehr aus dem Bauchgefühl heraus entstanden sind. Aus diesem Grund sollte man nach der Entscheidung, z.B. nach sechs Monaten, die eigene Entscheidung auf den Prüfstand stellen, bevor es zu spät wird, um seine Entscheidung zu verändern, viele warten dann viel zu lange.

Empfehlen Sie bestimmte Methoden um sich schnell entscheiden zu können? Bzw. Welche Methoden sind das?

Eine Methode nennt sich die Würfel-Strategie, diese bezieht sich hauptsächlich auf das Bauchgefühl. Man nimmt einen Würfel und würfelt die Entscheidung aus. Klingt auf den ersten Blick komisch, aber sollte man eine Abneigung gegen das gewürfelte Ergebnis spüren, dann ist diese Wahl wohl nicht die Richtige. Bei der zweiten Methode handelt es sich um eine Phantasiereise, dabei sollte man sich vorstellen, das bereits 10 Jahre vergangen sind und soll nun rückblickend beurteilen, was man von seiner Entscheidung dann noch hält. Manchen Menschen fallen aber Phantasiereisen schwer, da sie ungeübt sind. Dann gibt es noch eine weitere Methode, die des externen Beobachters, bei der man sich fragt, was man einem guten Freund raten würden, wenn dieser sich in der gleichen Lage befinden würde, wie man selbst.

Sollte man sich eher zurückziehen, um alleine zu einer Entscheidung zu kommen oder mit jemandem sprechen?

Ich würde immer empfehlen mit anderen über die Entscheidung zu sprechen, da diese Vor- und Nachteile kennen, auf die man selbst noch nicht gekommen ist. Sich zurückziehen und darüber nachdenken ist aber genauso wichtig.

Wer kann helfen: Jemand der eher außenstehend ist oder Freunde? Vielleicht Leute, von denen man weiß, dass sie entscheidungsfreudig sind?

Freunde wollen einem Helfen, aus diesem Grund sind sie selten objektiv, falls das Thema zu oft zur Sprache kommt, dann könnten sich die Freunde auch schnell überfordert fühlen, was zu Konflikten führen kann. Aus diesem Grund sind Außenstehende oft hilfreicher, da diese weniger betroffen sind. Ein Coaching kommt natürlich auch in Betracht, da der Coach den professionellen Abstand hat, Stärken und Schwächen analysiert und die möglichen Fehler bei der Entscheidungsfindung aufdecken kann.

In welchen Fällen helfen Pro- und Contra-Listen? Welche Vor- und Nachteile haben Sie? Worauf sollten man dabei achten?

Das ist schon eine gute Möglichkeit, um die Vor- und Nachteile einer Entscheidung abzuwägen, nur dass dabei meist die Gewichtung der Vor- und Nachteile fehlt. Dies sollte beachtet werden, in dem Gewichtungspunkte vergeben werden. Am Ende kann man dann jeweils für die Vor- und Nachteile die Gesamtpunktzahl berechnen und dies mit der anderen Entscheidung vergleichen. Was die Sache aber auch schwierig macht ist, dass vielleicht nicht alle Vor- und Nachteile bedacht wurden, da wir hierfür aus Unwissenheit noch kein Kriterium kannten, weil es sich z.B. um Insiderwissen handelt. Bedeutet also, dass wir vorher so viel wie möglich an Wissen generieren müssen, ev. ein Brainstorming machen sollten, eventuell auch eine Assoziationsübung.

In welchen Fällen und wie kann man ein Ausschlussverfahren bei der Entscheidungsfindung anwenden? Welche Vor- und Nachteile gibt es? Worauf sollte man achten?

Im Coaching bekomme ich oft mit, dass die Wahl im Rahmen des Ausschlussverfahrens getroffen worden ist, da es uns leichter fällt, zu entscheiden was wir nicht wollen, als uns zu überlegen, was wir wollen. Wenn ich mich für zwei Alternativen entscheiden soll, aber keine von beiden mag, dann stößt dieses Verfahren an seine Grenze, wir benötigen dann weitere Entscheidungskriterien, um eine Entscheidung treffen zu können.

Hilft es, sich alle möglichen, besonders die schlechten Konsequenzen einer Entscheidung auszumalen, etwa um sich zu zeigen, dass selbst die schlechtesten Auswirkungen gar nicht so schlimm oder teilweise umkehrbar sind?

Bei der Entscheidungsfindung sollten immer alle positiven sowie negativen Konsequenzen berücksichtigt werden, um entsprechende Lösungsansätze zu generieren und eben auch feststellen zu können, dass alles gar nicht so schlimm ist oder meine Fähigkeiten ausreichend sind. Entscheidungsunsicherheiten können auch ein Hinweis auf den sogenannte Kontrollzwang sein. Dahinter steckt, dass wir die Verantwortung für unsere Entscheidung fürchten oder Versagensängste haben, dann stehen psychische Abwehrmechanismen im Vordergrund, die unsere Entscheidungsfähigkeit beeinflussen, es werden dann so viele „Aber“ gefunden, das keine Entscheidung mehr getroffen werden kann. In einer Therapie wird dann versucht zu „entkatastrophisieren“, diese Methode stammt aus der kognitiven Verhaltenstherapie nach A. T. Beck. Die Annahme ist die, dass Menschen bei der Vorstellung eines zukünftigen Ereignis Ängste bekommen und dann nicht mehr nach möglichen Lösungen suchen können. Eine  Therapie wäre dann angezeigt, wenn wir kaum noch Entscheidungen treffen können und mehrere Bereiche unseres Lebens dadurch beeinträchtigt werden.

Sollte man nur rationale Argumente entscheiden lassen oder auf das Bauchgefühl hören?

Erst wenn es uns gelingt, die rationalen Argumente und das Bauchgefühl in Einklang zu bringen, können wir zu einer zufriedenen, stimmigen Entscheidung gelangen. Dabei hilft ein systematischer Entscheidungsfindungsprozess. Es sollte schon rechtzeitig vor dem Entscheidungszeitpunkt damit angefangen werden, damit kein Stress aufkommt und der Druck zu stark wird und wir blockieren oder nur aus dem Bauchgefühl heraus entscheiden. Empfehlenswert ist, gerade für eine wichtige Entscheidung, sich professionell und unparteiisch bei dem Prozess beraten und begleiten zu lassen. Denn die richtigen Entscheidungen für sich treffen zu können ist ein Lernprozess, diese Fähigkeit wird uns nicht in die Wiege gelegt, sondern sie ist erlernbar.

Ein Coaching oder eine Psychotherapie sind zu diesem Thema in der Praxis von Diplom Psychologin Sandra Jankowski für Coaching, Beratung und Therapie in Eichwalde möglich.

Die Leistungen werden auch für die Ortschaften Königs Wusterhausen, Mittenwalde, Zeesen, Zernsdorf, Neue Mühle, Bestensee, Wildau, Zeuthen, Schulzendorf, Erkner, Waltersdorf, Niederlehme, Kiekebusch, Gosen-Neu Zittau, Wernsdorf, Rangsdorf, Heidesee, Friedersdorf, Blankenfelde-Mahlow, Großziethen, Spreenhagen und Berlin Grünau, Berlin Schönefeld, Berlin Bohnsdorf, Berlin Altglienicke, Berlin Adlershof, Berlin Köpenick und Berlin Müggelheim, also den umliegenden Gemeinden und Ortschaften angeboten.

Informationen über die Konditionen, Abrechnungsmodalitäten und Finanzierung der Praxisleistungen finden Sie hier.

Was macht Homeoffice psychologisch in Quarantäne-Zeiten mit uns? Psychologin im Interview

Unter normalen Umständen können wir im Homeoffice effektiver arbeiten als im Büro, da wir uns die Arbeitswege sparen, die Arbeitszeiten flexibler bestimmen können und auch weniger durch Lärm oder Kollegen abgelenkt sind.

Sind wir aber gezwungen zu Hause zu arbeiten, ist diese neue Situation für uns sehr ungewohnt. Auf der einen Seite verlieren wir unsere Autonomie, arbeiten Nachts oder am Wochenende, machen kaum Pausen, meist fehlt eine Arbeitsstruktur, die technische Ausstattung und Anbindung von Seiten des Arbeitgebers, werden vielleicht zu Hause von den Kindern gestört oder vereinsamen immer mehr. Zudem kommen Zukunfts- und Existenzängste auf, Verlust von zukünftigen Dingen (Sommerurlaub, Großveranstaltungen). Kein Tag ist wie der andere, ständig sind wir mit Veränderungen konfrontiert. Die Alltagsroutine fehlt.

Welche psychischen Folgen können eintreten?

  • Unzufriedenheit
  • Anspannung und Nervosität
  • Aggression
  • Schlafstörungen
  • Ängste
  • Sorgen
  • Hilflosigkeit
  • Desorientierung
  • Kontrollverlustängste
  • Unsicherheitsgefühle
  • Erschöpfung
  • Antriebslosigkeit
  • Zwangshandlungen und -Gedanken

Corona wirkt auf uns wie ein Trauma. Wir konnten uns auf diese Situation kaum angemessen einstellen, wir befinden uns in einer andauernden Krise, was für viele eine starke Belastung darstellt, ähnlich einer Naturkatastrophe. Das bedeutet purer Stress. Zeitverzögert treten dann Stresssymptome auf, die oben beschrieben sind. Diese machen sich meist nur langsam bemerkbar und können stetig zunehmen. Stress ist ein Grundbaustein für das Entstehen von psychischen Störungen.

Risikofaktoren verstärken psychische Belastungen

Verfügen wir über gute Ressourcen, auch Schutzfaktoren genannt, dann kommen wir meist sehr gut durch eine Krise und können diese schnell überwinden. Dazu gehören unter anderem, ein gutes persönliches Netzwerk, soziale Kompetenzen, eine hohe persönliche Frustrationstoleranz, ein gutes Zeitmanagement, finanzielle Ressourcen, physische und psychische Gesundheit und eine ausgewogene gesunde Ernährung. Andere sprechen auch allgemein von Resillienz, wenn es um Persönlichkeitseigenschaften geht.

Im Gegensatz dazu verstärken Risikofaktoren die psychischen Belastungen. Diese Risikofaktoren sind individuell unterschiedlich. Mangelnde soziale Kontakte, geringe Resillienz, gesundheitliche Probleme, ungesunde Ernährung, sind einige dieser Risikofaktoren.

Psychologische Tipps zum Homeoffice

Wichtiger denn je sind die Ruhe- und Erholungsphasen. Legen Sie Pausen ein, strukturieren Sie Ihren Tag. Planen Sie ihn von Morgens bis Abends. Schaffen Sie sich private Räume, in denen Sie nicht gestört werden. Halten Sie Ihre sozialen Kontakte durch Videochat oder Telefonate aufrecht. Sprechen Sie mit Ihren Kollegen und Arbeitgeber, was diese von Ihnen erwarten. Um konzentrierter zu arbeiten können Sie die Pomodoro-Technik anwenden: Zuerst notieren Sie sich was erledigt werden muss, dann den Timer auf 25 Minuten stellen. Dann alles abarbeiten und abhaken. Nach den 25 Minuten gibt es eine 5 Minuten Pause. Diese Schritte wiederholen Sie dann noch 3 Mal, wo sich dann eine halbe Stunde Pause anschließt. Dann beginnt der Ablauf von Vorn. Sollten Sie aber unter Schlafstörungen oder Antriebslosigkeit, Überforderung leiden, dann wäre ein Coaching oder eine Psychotherapie sinnvoll.

Weitere interessante Aspekte, die ich der Neuen Osnabrücker Zeitung am 30.04.20 verriet, finden Sie in folgendem Artikel, geschrieben von Kim Patrick von Harling:

https://www.noz.de/deutschland-welt/vermischtes/artikel/2041103/psychologin-diese-folgen-kann-dauerhaftes-homeoffice-haben

Psychologin im Interview über ein Jahr Corona: Wir mussten uns in dieser Krise persönlich verändern

Zeuthen. Sandra Jankowski ist Psychologin und betreibt eine Praxis in Zeuthen. Im Interview erzählt die 46-Jährige von ihrem Arbeitsalltag in der Pandemie, um wen sie sich besonders sorgt – und was die Krise mit unserer Psyche gemacht hat.

Frau Jankowski, was vermissen Sie derzeit eigentlich am meisten?

Sandra Jankowski: Mittlerweile vermisse ich es wirklich, mit Freunden abends in einer gemütlichen Runde zu sitzen und sich zu unterhalten. Oder eben auch ins Restaurant zu gehen und etwas Leckeres zu essen. Vor einem Jahr erreichte das Coronavirus Dahme-Spreewald.

Wie hat sich die Pandemie auf Ihre Arbeit als Psychologin ausgewirkt?

Das hat sich sehr stark ausgewirkt. Am Anfang war erst einmal eine große Verunsicherung zu spüren – da kamen weniger Patienten, weil sie erst einmal abwarten wollten. Aber mittlerweile ist die Nachfrage zu groß und die Leute finden kaum noch einen Therapieplatz. Auch ich habe kaum noch Kapazitäten. Ich habe mittlerweile eine neue Mitarbeiterin als Therapeutin beschäftigt, um dieser Anfrage überhaupt Herr zu werden.

Was ist es denn, was die Leute bewegt? Welche Sorgen bringen Sie derzeit mit?

Beobachtbar ist, dass einige Patienten, bei denen man das Gefühl hatte, dass sie auf einem guten Weg sind, bei der zweiten Welle noch einmal einen Rückfall hatten. Da hat sich die psychische Störung der Patienten verschlimmert. Und dann ist da die starke Verantwortung, die etwa bei Alleinerziehenden oder Familien mit kleinen und schulpflichtigen Kindern die Sorgen und Belastung verstärkt hat – etwa durch das Homeschooling. Durch die Isolation haben sich auch die psychologischen Problematiken wie Depressionen verstärkt, weil man sich nicht mit Freunden treffen kann, weil man sich vom Rest der Welt zuhause abgeschottet hat, weil man nicht weiß, wann das alles vorbei ist. Dann kam auch noch die Winterphase mit wenig Sonne und Vitamin D hinzu. Da erlebe ich auch, dass es jetzt wieder etwas bergauf geht, weil der Frühling kommt. Hinzu kommen jetzt Lockerungen, etwa im Handel.

Wie sind die aus psychologischer Sicht zu werten?

Das ist definitiv positiv zu werten. Die Leute schöpfen wieder mehr Hoffnung, dass Corona und die Beeinträchtigungen bald vorbei sind. Und das gibt schon wieder etwas Aufwind.

Wir blicken auf ein Jahr Corona-Krise zurück, ein Jahr im Ausnahmezustand. Was hat das mit unserer Psyche gemacht?

Das ist noch nicht so recht abschätzbar, vor allem was die Kinder angeht. Fakt ist, dass die Corona-Krise einer Anpassungsstörung gleichkommt. Wir mussten uns in dieser Krise persönlich verändern, das war eine existenzielle Erfahrung – für manche immer noch. Und wenn Menschen traumatische Erfahrungen erleben, ist es so: Der eine schafft es besser und der andere hat mehr Schwierigkeiten, die Krise zu verarbeiten. Das nennt sich dann Anpassungsstörung – und macht sich unter anderem bemerkbar durch Unruhe, Schlafstörungen, Interessenverlust, oder Reizbarkeit. Aber auch durch sozialen Rückzug, dass Menschen gar nicht mehr auf andere zugehen wollen.

Kann man auch sagen, dass es einen Anstieg von psychischen Erkrankungen gibt?

Laut einer Studie „Psychische Gesundheit in der Krise“ der Pronova BKK berichten zwei Drittel der befragten Psychiater und Therapeuten, dass sie mehr Anfragen nach Therapieplätzen aufgrund der Krise haben. Davon kann ich jetzt nicht 100 Prozent ausgehen, ich kann nur von meiner Praxis sprechen. Da haben die Anfragen deutlich zugenommen, obwohl ich davon ausgehe, dass auch Therapien verschleppt werden und aufgrund der wenigen Therapieplätze nicht behandelt werden.

Gibt es denn Menschen, um die Sie besonders Sorge haben?

Ich mache mir Sorgen um die Kinder, Alleinerziehende, aber auch pflegende Angehörige und Menschen, die selbst von Pflegediensten abhängig sind. Und um Corona-Betroffene, denn sie sind auch wegen der Erkrankung psychisch beeinträchtigt. Bei Ihnen hat sich eventuell eine Posttraumatische Belastungsstörung oder das Müdigkeits- oder Erschöpfungssyndrom entwickelt. Welche psychischen Langzeitfolgen die Corona-Infektion auslöst, ist zudem noch gar nicht so erforscht. Und dann ist da auch die Gruppe der Menschen, die an einer depressiven Episode leiden, sie isolieren sich womöglich noch viel mehr und sprechen mit niemandem über ihre Belastung.

Wenn wir irgendwann auf diese Krise zurückblicken: Werden wir vielleicht auch etwas Positives für unsere Psyche mitgenommen haben?

Das ist natürlich eine schwierige Frage. Ich mache ja auch Paartherapie und habe tatsächlich in der ersten Welle oft erlebt, dass es die Partner mehr zusammengeschweißt hat. Im Sinne von: Wir meistern jetzt die Krise und schaffen das. Und dann fanden es viele ganz schön, nicht mehr diesen Freizeitstress zu haben: Nicht ständig zu diesem Geburtstag oder zu jener Einladung zu gehen. Das habe ich generell gemerkt: Dass Menschen, die sehr viel Freizeitstress hatten, sich wieder etwas mehr auf sich besinnen und zu sich finden konnten. Und das hat sich auch teilweise positiv ausgewirkt.

Gibt es denn etwas, was Sie den Leuten mitgeben können? Das hilft, um die Zeit gut zu überstehen?

Sporttreiben. Das schüttet Glückshormone aus und macht zufrieden, wenn man das regelmäßig macht. Und Spazierengehen an der frischen Luft, um die Vitamin D-Produktion anzukurbeln – auch wenn das Wetter vielleicht nicht so toll ist. Dann haben sich auch Achtsamkeitsübungen oder gezielte Entspannungsverfahren wie etwa die Progressive Muskelrelaxation bewährt, aber auch Lachyoga. Ansonsten ist es einfach wichtig, dass man sich wirklich etwas Gutes tut. Dass man sich nicht zu sehr den negativen Gedanken hingibt und darauf fokussiert.

Interview: Johanna Apel

In: Märkische Allgemeine vom 12.03.2021, S. 15

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